Umfassende Versorgung für gesetzlich Versicherte

Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung wie z. B. der BARMER oder der AOK  sind umfassend versorgt. Sie erhalten alle medizinisch notwendigen Leistungen über ihre Krankenversicherungskarte. Dazu zählen wichtige Vorsorgeuntersuchungen ebenso wie spezielle Diagnose- und Therapiemaßnahmen. Grundlage ist der Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Hierin werden nur Leistungen aufgenommen die nachweislich wirksam sind und die Patienten keinen unvertretbaren Risiken aussetzen.

Individuelle Gesundheitsleistungen, kurz IGeL  oder Selbstzahlerleistungen,  bringen den Ärzten zusätzliche Einnahmen. Aber nützen sie auch den Patienten?

Von unserem Mitglied Joachim Stamm

 

Was sind Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL)

Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) sind medizinisch nicht unbedingt notwendige Zusatzangebote der Ärzte, die privat zu bezahlen sind. Beim Anbieten von Leistungen sind dem Arzt praktisch keine Grenzen gesetzt,  denn er darf auch Verfahren anbieten, deren Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nicht nachgewiesen sind. Insofern orientieren sich IGeL-Angebote weniger am nachgewiesenen Nutzen, sondern eher an den Vorlieben einzelner Arztgruppen und an den Umsatzinteressen der Praxen. IGeL sind ferner Leistungen, die grundsätzlich nicht zu den Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung gehören, wie z. B. Atteste oder kosmetische Eingriffe.

Aktuelle Situation rund um das Thema IGeL

Nach einer repräsentativen Umfrage des IGEL Monitors aus dem Jahre 2018 ergibt sich rund um das Thema IGeL folgendes Bild:

  • IGeL-Leistungen sind in der Bevölkerung gut bekannt. Drei von vier Befragten kennen IGeL.
  • Fast jeder Zweite hat in den vergangenen drei Jahren ein IGeL-Angebot erhalten oder selbst danach gefragt.
  • 7 von 10 dieser Befragten haben IGeL in Anspruch genommen.
  • Trotz der hohen Inanspruchnahmen sehen 3 von 5 Befragten diese Leistung kritisch. Sie wünschen sich bessere Informationen.
  • Die Patienten wünschen nur selten von sich aus IGeL-Leistungen. Nur bei vier Prozent der erbrachten IGeL ging die Initiative vom Patienten aus.

Die 5 häufigsten IGeL-Leistungen sind:

  • Augeninnendruckmessung zur Glaukom-Früherkennung
  • Ultraschalluntersuchung der Eierstöcke zur Krebsfrüherkennung
  • Ultraschalluntersuchung der Brust zur Krebsfrüherkennung
  • PSA-Test zur Früherkennung von Prostatakrebs

In  der Umfrage wurde auch nach der Zufriedenheit mit dem Verhalten der Ärzte gefragt.

  • Mehr als jeder Zweite (55%) gab an, dass sich dadurch das Vertrauensverhältnis nicht verbessert.
  • 39 Prozent der Befragten fühlen sich durch die IGeL-Angebote in der Praxis bedrängt.
  • 68 Prozent der Befragten sind mit der Reaktion der Ärzte zufrieden. Der Arzt informiert danach ausführlich und unterstützt die Patienten bei der Abwägung der Vor- und Nachteile einer IGeL.

Kassenleistung und IGeL-Leistung

Für die Patienten verwirrend ist vielfach die Tatsache, dass bestimmte Leistungen sowohl IGeL als auch Kassenleistung sein können. Dazu zwei Beispiele:

  • Messung des Augeninnendrucks: Ist sich der Augenarzt nicht sicher, ob eine Erkrankung vorliegt, kann er eine Messung des Augeninnendrucks oder eine Sehnerv-Kontrolle als Kassenleistung vornehmen. Besteht jedoch kein Krankheitsverdacht ist die sogenannte Glaukom-Früherkennung eine IGeL-Leistung und privat zu bezahlen.
  • Ultraschalluntersuchungen: Ultraschalluntersuchungen zur Diagnose oder Abklärung einer eventuellen Erkrankung sind Kassenleistungen. Als reine Früherkennungsmaßnahme ohne Krankheitsverdacht müssen die Kosten privat bezahlt werden. Das gilt auch dann, wenn Ultraschalluntersuchungen häufiger als medizinisch notwendig gewünscht werden, z. B. in der Schwangerschaft.

Tipps  und Hilfestellung

Wenn Ihr Arzt Ihnen eine individuelle Gesundheitsleistung anbietet, fragen Sie:

  • Worin liegt der Nutzen der Leistung für mich?
  • Ist der diagnostische oder therapeutische Nutzen wissenschaftlich nachgewiesen?
  • Welche Risiken können mit der IGeL verbunden sein?
  • Welche Folgen hat das Ergebnis für mich?
  • Gibt es Alternativen, die von der Krankenkasse bezahlt werden? Worin unterscheiden sie sich?
  • Wie hoch sind die Kosten der angebotenen Zusatzleistungen.

Nehmen Sie sich in jedem Fall Zeit, z. B. bis zum nächsten Arztbesuch und informieren Sie sich. Treffen Sie keine voreiligen Entscheidungen und lassen Sie sich nicht drängen, denn IGeL-Leistungen sind nicht dringend. Ihr Arzt muss sie umfassend über die angebotene IGeL-Leistung informieren. Eine solch umfassende medizinische Beratung darf nicht vom Praxispersonal am Empfang durchgeführt werden. Es ist Ihr gutes Recht, eine vorgeschlagene IGeL-Leistung abzulehnen. Sie können darauf vertrauen, dass Ihre Krankenkasse alle medizinisch notwendigen Leistungen übernimmt. Wenn Sie sich zu einer IGeL-Leistung entschließen, treffen Sie eine schriftliche Vereinbarung in der die Leistung genau beschrieben ist und das Honorar sowie alle möglichen Neben- und Folgekosten aufgeführt sind.

Weitergehender Rat und Hilfe:

Ausführliche Bewertungen und Hintergrundinformationen erhalten Sie unter www.igel-monitor.de des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen. Insbesondere mit juristischen Fragen sind Sie bei den Verbraucherzentralen an der richtigen Adresse www.verbraucherzentrale.de. Auskünfte gibt auch die Unabhängige Patientenberatung www.patientenberatung.de. Fragen zur Kostenübernahme von Leistungen beantwortet Ihre Krankenkasse. Viele Kassen, z. B. die BARMER,  stellen Ihnen auch Informationsmaterial zur Verfügung.